Kann man mein Handy abhören? Risiken & Schutz im Mobilfunk

Kurzüberblick
Ein Telefon kann im Wesentlichen auf drei Wegen „abgehört“ werden:
- Netzangriffe (IMSI-Catcher/gefälschte Basisstationen, SS7-Schwachstellen),
- Spionagesoftware direkt auf dem Smartphone (Stalkerware/Spyware),
- Abfangen von Inhalten außerhalb des Mobilfunknetzes (unverschlüsseltes WLAN, Backups, Cloud-Konten).
Klassische Sprachanrufe über den Mobilfunkanbieter sind nicht Ende-zu-Ende-verschlüsselt (E2E) und daher schwächer geschützt als Anrufe in Messengern mit E2E.
Mythen vs. Realität
Mythos: „Der Betreiber oder irgendwer kann problemlos alle Gespräche mithören.“
Realität: Gesetze und Technik verhindern Massenüberwachung; gezielte Angriffe sind jedoch möglich.
Mythos: „Antivirus garantiert die Entdeckung von Spionagesoftware.“
Realität: Fortgeschrittene Spyware kann sich tarnen; wichtiger ist konsequente Sicherheits- und Verhaltenshygiene.
Mythos: „Flugmodus = völlige Unsichtbarkeit.“
Realität: Der Flugmodus schaltet Funkmodule aus, aber lokale Spyware (z. B. Keylogger, Screenshots) verschwindet dadurch nicht.
Angriffswege
1) Netzwerk (IMSI-Catcher, SS7)
Ein IMSI-Catcher gibt sich als 2G/4G-Basisstation aus, zwingt das Telefon zur Verbindung und kann Verschlüsselung herabstufen. In SS7/Signalisierungsnetzen erlauben Schwachstellen u.a. das Ermitteln des Standorts oder in Einzelfällen die Beeinflussung von Anruf/SMS-Routen.
Anzeichen: abrupte Netzwechsel (4G → 2G), häufige Abbrüche, ungewohnter Netzname, Aufforderung, VoLTE/VoWi-Fi zu deaktivieren, „Echo“ und Verzögerungen.
2) Schadsoftware (Spyware/Stalkerware)
Wird über Phishing, manipulierte Apps, unsichere Backups oder physischen Zugriff installiert. Kann Messenger vor der Verschlüsselung auslesen, auf Mikrofon/Kamera/Standort zugreifen und Screenshots erstellen.
Anzeichen: ungewöhnlich hoher Akku- und Datenverbrauch, „selbst erteilte“ App-Berechtigungen, deaktivierte Updates ohne Ihr Zutun, unbekannte MDM-/Konfigurationsprofile.
3) Umgehungen außerhalb des Mobilfunks
- SIM-Tausch (SIM-Swap) → Abgreifen von SMS-2FA.
- Unverschlüsseltes WLAN in Café/Hotel → Mitschneiden ungeschützten Traffics.
- Cloud/Backups: schwaches oder wiederverwendetes Passwort öffnet den gesamten Nachrichten- und Foto-Archiv.

So telefonieren, dass man Sie schwer „abhören“ kann
- Für sensible Gespräche keine klassischen Sprachanrufe – nutzen Sie Messenger-Anrufe mit E2E-Verschlüsselung.
- Schalten Sie in kritischen Situationen Mobilfunk-Anrufe ab (hilfreich, ersetzt aber keine saubere OPSEC).
- Für 2FA per SMS auf Hardware-Schlüssel oder TOTP-App umstellen. SMS ist die schwächste Option.
Checks & Einstellungen (Android / iOS)
Android
- System & Google Play System Update aktualisieren.
- Einstellungen → Datenschutz/Berechtigungen: Mikrofon/Kamera/Standort bei „geschwätzigen“ Apps entziehen.
- Sicherheit → Play Protect aktiv; Apps aus Fremd-Stores entfernen.
- Profile & VPN/MDM prüfen: Unbekanntes löschen.
- Installation aus unbekannten Quellen blockieren.
- Geräteverschlüsselung ist standardmäßig aktiv – prüfen.
iOS
- iOS aktualisieren; Einstellungen → Datenschutz: Rechte für Mikrofon/Kamera/Standort nur „Bei Verwendung“.
- Profile (VPN & Geräteverwaltung) prüfen – keine überflüssigen.
- Lockdown Mode bei hohem Risiko aktivieren.
- iCloud: Zwei-Faktor-Authentifizierung aktiv, Passwörter im Manager speichern.

OPSEC unterwegs & in öffentlichen Netzen
- WLAN: eigenen Hotspot oder VPN nutzen; niemals Passwörter in offenen Netzen ohne HTTPS eingeben.
- Bluetooth/NFC: deaktiviert lassen, wenn nicht benötigt.
- Physischer Zugriff: PIN/Passcode, Auto-Sperre ≤ 30 s, Biometrie + Hardware-Schlüssel für Konten.
Wenn Sie eine Kompromittierung vermuten
- Sorgfältiges Backup von Fotos/Inhalten, aber keine systemnahen Apps zurückspielen.
- Werksreset und „sauberes“ Wiederherstellen nur der wirklich benötigten Daten.
- Passwörter ändern (Mail, Apple/Google, Messenger), alte Sitzungen abmelden.
- SIM im Shop mit Ausweisprüfung neu ausstellen lassen.
- Für kritische Fälle: zweites „sauberes“ Gerät ohne alte Accounts (operatives „rotes“ Telefon).
Minimal-Checkliste
- OS-Updates + Auto-Updates aktiv.
- E2E-Anrufe/Chats; keine SMS für 2FA, wenn vermeidbar.
- Berechtigungen für Mikrofon/Kamera/Standort monatlich prüfen.
- Passwort-Manager, Hardware-Schlüssel, kein Passwort-Recycling.
- VPN in öffentlichen WLANs; Bluetooth/NFC aus.
- Regelmäßig aktive Cloud-Sitzungen prüfen und schließen.
Verdacht auf Abhörung?
Wir prüfen Geräte & Umgebung, erstellen einen Maßnahmenplan und unterstützen bei forensischer Sicherung – diskret und praxisnah.